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Luxembourg's Minister for Foreign Affairs urges better communication of European politcal issues
Außenminister Luxemburgs mahnt bessere Vermittlung der europäischen Politik an
Jean Asselborn: Guten Morgen!
Liminski: Herr Asselborn, übersehen Sie schon den Schaden der Verfassungskarambolage in Frankreich?
Asselborn: Ja, das ist wirklich das erste Mal seit Kriegsende, dass in einem Land dieser Größenordnung sagen wir die Parteien rechts, links, in der Mitte und die Gewerkschaften, dass sie eigentlich von den an den Rändern angesiedelten Positionen in die Minderheit gesetzt werden. Ich glaube wir müssen uns wirklich Gedanken machen erstens um die Glaubwürdigkeit unserer Europa-Politik und vielleicht sogar der Politik im Allgemeinen. Dann glaube ich aber auch, dass für die Franzosen Europa nicht nur der verlängerte Arm Frankreichs sein kann. Die wirkliche Frage, bevor wir vom Schaden reden, ist: Welches Frankreich hat Nein gesagt? Ist das die France profonde, die wirklich Nein zu einem politischen Europa gesagt hat, oder ist das der Unmut, der Kund getan wird? Haben die nationalen Gesichtspunkte überwogen? Ist das vielleicht auch eine Antwort auf den 21. April 2002? Sie wissen: damals hat die Oppositionslogik eigentlich nicht so gespielt. Oder ist das auch, wie es '92 war? Da hat die gaullistische Partei, die damals in der Opposition war, auch gegen Maastricht gestimmt. Es sind viele Ursachen für den Schaden, der entstanden ist. Ich glaube nicht, dass wir vor einem Debakel in Europa stehen, aber wir müssen das sehr ernst nehmen. Wir müssen Ruhe behalten. Dann müssen wir schauen, dass wir als Präsidentschaft die Ratifizierungsprozeduren in Gang halten. Und dann müssen wir ihnen Anreiz geben, dass das weiter geht.
Liminski: Kann die Krise denn gemeistert werden? Werden Sie eine Initiative ergreifen, auf dem nächsten Gipfel eine Lösung anzubieten?
Asselborn: Ich habe Ihnen gesagt, das Votum der Franzosen muss man ernst nehmen. Man darf nicht jetzt schon wieder von einem neuen Referendum reden oder von neuen Daten in der Ratifizierungsprozedur. Man muss, wenn ich das so sagen darf, Frankreich helfen, die Tragweite dieses Resultats richtig zu sehen. Sie wissen ja, dass im vierten Kapitel des Verfassungsvertrages gesagt wird, wenn 20 der 25 ratifiziert haben und einige Länder bis zu fünf dann Probleme haben, dass dann der europäische Rat einen Entschluss fassen kann. Da sind wir noch nicht. Wir müssen unbedingt schauen, dass die Ratifizierungsprozeduren nicht gestoppt werden, dass wir auch England an Bord behalten. Das ist sehr, sehr wichtig. Dann haben wir in Holland ein Referendum in zwei, drei Tagen und auch in Luxemburg.
Liminski: Aber dahin kann man ja nun kommen. Ihre Landsleute, wie Sie sagen, stimmen in sechs Wochen über die Verfassung ab, die Niederländer schon übermorgen, die Dänen Ende September, die Polen im Herbst. Das sind bis auf die Luxemburger doch auch Wackelkandidaten. Das Nein aus Frankreich könnte den letzten kleinen Stoß geben. Fürchten Sie einen Dominoeffekt?
Asselborn: Das hängt auch ein wenig an uns, an den europäischen Politikern. Europa kann einerseits nicht per Knopfdruck jetzt gestoppt werden. Ich nehme ein Beispiel: das ist diese Finanzierungsperspektive. Wir müssen jetzt im Juni zeigen, dass diese Kirchturmsmentalität in Europa aufhören muss. Die Leute verstehen nicht, dass sie Ja sagen sollen oder müssen zu einem Europa, was nicht weiß, wie es seinen Finanzplan macht, wie viel Geld zur Verfügung steht, wie viel Geld es ausgibt und wo es dieses Geld ausgibt. Es genügt auch nicht mehr, dass die Regierungschefs - die Außenminister machen dasselbe - sich auf die Schulter schlagen und mit sich selbst und mit der Welt zufrieden sind, wenn sie sich in Brüssel sehen. Die Europäische Union ist nicht in der Krise, aber um diese Krise zu verhindern, muss sie sich jetzt und von heute an wirklich in Frage stellen: inhaltlich - ich habe Ihnen ein Beispiel gesagt -, aber auch in der Arbeitsweise. Es muss mehr Kohärenz wieder in die Politik. Die Leute verstehen die europäische Politik nicht. Die Kommission kann sich nicht selbst blockieren und diese Rivalitäten, die immer wieder auftauchen, und auch diese Ungereimtheiten, die auftauchen, müssen verschwinden. In Holland wird das sehr schwer. Das muss man sagen. In Luxemburg wird es auch nicht leicht. Das kann ich Ihnen sagen.
Dieser Dominoeffekt? Gut! Was sich Frankreich leisten kann, kann Luxemburg sich nicht leisten. Ich hoffe noch, dass wir wirklich es fertig bringen, wieder zu zeigen, dass man auch ein guter Europäer ist und ein guter Luxemburger, wenn man hoffentlich bei den 20 ist, die ja sagen. Es wird äußerst schwierig und dieser europäische Rat, den wir jetzt im Juni haben, der wird zeigen, wie ernst die europäischen Politiker Europa nehmen und welches Bild wir von Europa der Öffentlichkeit vermitteln.
Liminski: Die Briten fordern eine Denkpause für Europa. Kann es die geben?
Asselborn: Jack Straw hat gestern Abend mit mir geredet; das hat er mir nicht gesagt. Er hat gesagt, dass man die Ratifizierungsprozedur - sie sehen das ein wenig anders - nicht stoppen kann oder nicht stoppen soll. Wir sagen, man muss die Ratifizierungsprozeduren weiterführen als Präsidentschaft. Die Denkpause brauchen wir nicht. Wir können denken. Europa funktioniert weiter und wir müssen uns bewusst sein, dass wir vieles anders und vieles rationeller, vieles besser, vieles direkter machen müssen, als es bis jetzt der Fall war. Europa kann nicht existieren, wenn man den Leuten vermittelt, dass die nationale Politik trotzdem immer wichtiger ist als die europäische Politik. Diesen Spagat bringt man nicht fertig in der öffentlichen Meinung. Das ist das Problem. Das französische Problem, die innenpolitische Komponente, spielt, aber es spielt auch bei den Menschen, dass dieses Europa nicht das vermittelt, was es eigentlich ist. Auch die Kohärenz in den Wirtschaftsfragen, sozialen Fragen und dann auch in den großen politischen Fragen, die ist noch nicht gegeben.
Liminski: Das war der Außenminister Luxemburgs und der Vorsitzende des EU-Außenministerrats, Jean Asselborn. Besten Dank für das Gespräch, Herr Asselborn.
Asselborn: Bitte!
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